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Prof. Schmoll
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Es gibt immer einen Weg

Es gibt immer einen Weg

Ja, Krebs ist eine Diagnose die keinen erfreut. Aber es gibt immer einen Weg und es lohnt den Kampf gegen den Krebs auf zu nehmen. Aber beginnen wir einfach an der Stelle, wo mein persönlicher Krieg gegen den Krebs begann. Es war im Mai 2016 als der Krebs, so eine kleine bösartige Chronische Lymhatische Leukämie der Meinung war "eh du kannst ja mal bescheid sagen, das du jetzt die Regierung im Körper übernimmst". Es bekann mit einen Schmerz im Oberbauch, der einfach keine Lust hatte sich nach ein paar Tagen zu verflüchtigen. Somit waren schon mal die einfachen Ursachen ausgeschlossen. Der erste Besuch beim Hausarzt brachte die Vermutung das es die Galle sein könnte. Aber so genau war es nicht zu ertasten. Also auf zum MRT und mal ein 3D Bild vom Bauchraum. Das MRT war kein Problem und war schon im Mai 2016 erledigt. Somit hies es, warten auf die Auswertung vom MRT und dann - der Arzt wird schon eine Pille haben oder im schlimmsten Fall - Tschüß Galle.
 
Am 03.06.2016 war es dann soweit. Die Auswertung ist da. Somit gleich mal fix zum Hausarzt. Fix, weil mein Hausarzt zu der Zeit im gleichen Haus war wie mein Büro. Er sagte mir dann, Herr Seidel wir müssen reden. Kommen Sie gleich Heute Nachmittag zu mir. Wir müssen reden? Also wird wohl die Galle raus müssen. Ja und dann gleich nach seiner Mittagspause. Herr Seidel der Befund ist da und die Radiologen raten dazu, einen Onkologen auf zu suchen. Wenn die Radiologen dazu raten, dann ist da auch etwas. Laut Befund waren meine Lyphknoten im gesamten Bauchraum angeschwollen. Es gibt Tage da bricht für einen die Welt zusammen. Freitag der 03.06.2016 war dieser Tag für mich. Ich habe Krebs. Also was jetzt? Als erstes sofort mit der Überweisung zum Onkologen. Es muss doch abgeklärt werden, was geht und wie schlimm es schon ist. Somit bereits am Freitag einen Termin holen und sogar schon für Montag den 06.06.2006 erhalten. Für die Zeit vom 03.06. bis 06.06. hatte mich erst einmal mein Hausarzt krank geschrieben. Ich wäre auch nicht in der Lage gewesen, mich um irgend etwas anderes zu kümmern, als um die Frage - wie jetzt weiter. Der 06.06.2016 begann mit einen großen Blutbild und der Untersuchung durch die Onkologin. Ja die Lymphknoten sind angeschwollen und nicht nur im Bauchraum, es ist definitiv Krebs.
 
Auf zum Untersuchungsmarathon
In der Zeit vom 06.06.16 bis Ende Juli 2016 wurde alles untersucht, was eine andere Erklärung für die Schmerzen hätte abgeben können und auch meine Lymphknoten für die Feindiagnostik der CLL. Das Ergebnis, es ist die CLL und die Behandlung darf beginnen.
 
Auf zum Gegenangriff
Ja, mit dem 01.08.2016 begann die große Offensive gegen den Krebs. Es wurde alles mobilisiert, was verfügbar war an Kräften und mit Antikörper und Chemo gegen den Krebs zu Felde gezogen. Was sich hier wie ein Schlachtbericht anhört, ist in Wahrheit doch recht anders. 01.08.2016, Blutuntersuchung, Allgemeinzustand, kurzes Gespräch und dann Chemo bestellen. Sobald diese da war, Nadel in den rechten Arm und lass es laufen. Erste Nebenwirkung der Antikörper, ich war so richtig schön müde. Runde 1 des Gegenangriffes war so aufgebaut: Montag und Dienstag Antikörper, Mittwoch, Donnerstag und Freitag Chemo. Samstag und Sonntag irgendwo zwischen Sterben wollen und Leben. Dann Montag doch wieder Mensch werden und Dienstag Blutbildkontrolle. So jetzt 3 Wochen Pause mit Blutbildkontrollen.
 
Dann auf zur zweiten Runde.
Hier wieder Blutkontrolle, Montag Antikörper, Dienstag bis Donnerstag Chemo und am Freitag eine Spritze für die Leukos. Danach wieder ein Wochenende zwischen Leben und Sterben und dann wieder Mensch werden und Kräfte sammeln mit regelmäßigen Blutkontrollen. So lief das Spiel im Grunde bis zum 23.12.2016. Sechs Zyklen FCR Therapie im Rhythmus 1 Woche Therapie und 3 Wochen Pause. Im Laufe der Therapie war es schon zu bemerken das der Körper immer mehr Zeit zum erholen benötigte. Im Oktober war nach der Therapie ein paar Tage Krankenhaus angesagt, weil der Körper der Meinung war, die Spinnen die Antikörper und die Chemo. Na ja Weihnachten 2016 war für mich eine Zeit des wieder Mensch werden´s und der Ruhe auf dem Sofa. Brechen konnte ich während der gesamten Zeit dank Pillen doch recht gut im Griff behalten.
 
Somit auf zum nächsten Teil, Chemo verarbeiten und Anschlussheilbehandlung (AHB)
Ja die nächste Runde im Leben wurde eingeläutet. Die Therapie hat schon gewaltig „geschlaucht“. Energie war nur noch in Maßen vorhanden. Also langsam wieder auf die Beine kommen und auch langsam wieder in Bewegung kommen. Die große Frage war aber -  wie weiter im Leben. Es ist nach einer Chemo alles nicht mehr so, wie es davor war. Nur wer kann schon diese Frage beantworten.
 
März 2017 auf zur AHB
Auf zur Inselsbergklinik. Na ja, was gibt es da zu sagen, zum einen war auffällig, das meine Chemo nicht wie bei Anderen für eine pflegeleichte Frisur gesorgt hatte. Ich musste Haare waschen und Pflegen und einige, gerade die Frauen nicht. Und dann die Frage nach der OP Narbe. Ich glaub meine liegt immer noch im OP. Essen, Unterbringung, Umgebung waren schön für eine Reha. Einziger Schwachpunkt, ich war der einzige Patient mit einer CLL. Brustkrebs oder Prostatakrebs waren der Normalfall. Am Ende der vierwöchigen Reha war auf alle Fälle der Chefarzt der Meinung das ich bis Ende 2017 wieder fit bin. Hätte er es mal lieber meinen Körper auch richtig erklärt.
 
Nach der Reha
Nach der Reha ging es wieder zurück zur ambulanten Behandlung. Regelmäßige Blutbildkontrolle und da ich auch ein paar Tage Urlaub machen wollte, Doping für die Leukozyten. Ja die Leukos waren irgend wie nicht der Meinung, wieder mit mir gemeinsame Sache machen zu wollen. Mit Hilfe der Spritzen ging es wieder auf 4.000 Leukos hoch. Na bitte, das System kommt doch wieder in Ordnung und der Chefarzt hat Recht. Dann der Brief von der Techniker Krankenkasse, der Medizinische Dienst der Krankenkassen ist der Meinung, das ich doch langsam mal mit der Wiedereingliederung anfangen sollte. Auf mit dem Schreiben zur Onkologin und die Wiedereingliederung vorbereiten. „Wiedereingliederung, Sie? Mit dem Blutbild? Nein, da stimme ich nicht zu. Das Blutbild gefällt mir überhaupt nicht.“ So und jetzt? Mein Blutbild stimmt nicht, was ist denn jetzt da los. Haben die Zellen keine Lust? Soll das so bleiben, mir geht es doch soweit gut.
 
Untersuchungen die Zweite
Ja - was macht man mit so einen Blutbild. Ursachensuche, dass bedeutet Knochenmarkpunktion. Knochenmarkpunktion, die erste aus 2016 ist mir sehr gut in Erinnerung geblieben. Meine Meinung dazu, eine Untersuchung für Schmerzfetischisten. Ja es gibt Menschen die können das wirklich ab. Ich gehöre nicht dazu. Also Knochenmarkpunktion mit der LMAA Spritze. Es war für mein Körper und Geist so wirklich das Beste. Knochenmarkpunktion und einmal bitte komplette Genetik aus dem Blut. Nun Blut abnehmen geht ja schnell und eine Punktion, bei der man Schläft, ist auch nicht so schlecht. Aber das Ergebnis das dauert dann halt ein paar Tage, oder besser gesagt Wochen. Beim nächsten Kontrolltermin fragte mich die Schwester, ob meine Frau in einer Woche zur Auswertung mit kommt. Nun damit war mir klar, es wurde eine Ursache gefunden.
 
Der Termin war da, meine Frau war mit.
Das erste was mir bei diesen Termin aufgefallen ist, zum allerersten Mal nahm die Ärztin den Hörer vom Telefon und legte ihn neben das Telefon. So und jetzt, dass Ergebnis ist da. „Herr Seidel sie haben ein MDS.“ Ja gut ein MDS, was ist das? Was zum Essen sicher nicht. „Noch nie in meiner ganzen Zeit habe ich es erlebt, das ein Patient in so kurzer Zeit nach einer Chemo ein MDS entwickelt. Wenn dann nach drei bis vier Jahren. Aber so schnell noch nie. Dann Ihre Genetik, auch hier, Mutationen über Mutationen, da ist überhaupt nichts mehr in Ordnung. Aber bei Ihnen, die gesamte Genetik ist total zerstört. Nicht ein einziges Gen ist noch in Ordnung. Ich überweise Sie an die Universitätklinik Halle. Ich habe bereits einen Termin für Sie gemacht. In der Universitätsklinik sind die besten Ärzte für diese Krankheit.“ Somit neues Spiel, neue Runde. Ich habe jetzt ein Therapieasoziertes hochrisiko Medeoplastisches Syndrom. Kurz gesagt ein MDS. Ja was das den nun, MDS ist wie CLL eine Krankheit, von der ich bis zu dem Tag der Diagnose nicht einmal wusste, das es so etwas gibt. Also auf zur Uniklinik, da wird es doch etwas geben, wie das Problem sich in Griff bekommen lässt.
 
Juli 2017, weiter geht der Kampf jetzt mit Unterstützung durch die Uniklinik Halle.
Erstes Ziel, was ist überhaupt ein MDS und was bedeutet das für mich. Erster Termin in der Uniklinik, ja was machen wir als erstes, na wie wärs mit einen großen Blutbild. Blutbild bedeutet Blutabnahme (Gefühlte 10 Liter, nee sind nur ein paar Röhrchen aber für eine Vampierparty reicht es) und dann ca. eine Stunde warten. Danach Arztgespräch. Jetzt weis ich, was ein MDS ist. Mein Knochenmark, was für die Blutbildung zuständig ist (Hurra ich weis jetzt wo mein Blut her kommt) erledigt seine Arbeit nur noch Mangelhaft. Aber bevor die Behandlung beginnt noch einmal Knochenmark, ich liebe es.
 
Knochenmarkuntersuchung die Dritte, aber bitte mit „Schlaf Gut Spritze“.
Nun als das Ergebnis da war, da hatte ich so zu sagen den Salat. Ich habe ein Hochrisiko Medeoplastisches Syndrom. Auf meine Frage, was das jetzt für mich bedeutet, gab mir meine Ärztin folgende Antwort. „Wenn wir jetzt nichts tun, dann noch ca. 17 Monate.“ Schön wir haben jetzt Juli 2017 und 17 Monate sind Dezember 2018. Schöne Scheiße oder?
 
Spendersuche Runde 1
Somit auf zur Spendersuche. Weil ein MDS lässt sich nur durch einen Satz neue Stammzellen heilen. Erste Runde bedeutet, es wird unter den Geschwistern gesucht. Die Wahrscheinlichkeit bei den Geschwistern liegt bei 25%. Na was wollen wir mehr, bei 5 Geschwistern sind das nach Adam Ries, 125%. Somit sollte doch einer passen. Also alle aus der Familie informiert. Die Hämatologische Ambulanz war überrascht, wie schnell meine Geschwister alle in Halle waren zur Blutabnahme. Dann die Auswertung der HLA Merkmale. Drei meiner Geschwister passen perfekt untereinander. Aber keiner zu mir. Diese Runde geht an den Krebs.
 
Spendersuche Runde 2
Da meine Geschwister nicht passen, wird ab sofort die Weltweite Suche eingeleitet. Damit es nicht zwischenzeitlich Langweilig wird und um möglichst gut rein zu gehen, machen wir mal fix eine Chemotherapie mit Vidaza. Somit im Juli und August 2017 an 7 Tagen hintereinander je zwei Spritzen in den Bauch und dann 3 Wochen Pause. Vidaza bedeutet so etwas ähnliches, wie Sonnenbrand auf dem Bauch, nur ohne Sonne. Offizieller Geheimtip ist Nachtkerzenöl. Zu erhalten in der Apotheke. Wichtig ist nur das es wirklich der Haut hilft. Zwischendurch gab es meine erste Blutkonserve. Dann die erste Meldung zur Spendersuche. Es gibt eine Spenderin und der HLA stimmt mit allen 10 Merkmalen überein und zusätzlich haben wir beide den CMV Virus nicht. Ich würde sagen, Sechser in Lotto mit Superzahl.
 
Auf zur Stammzellentransplantation
Am 28.09.2017 ging es somit los. Auf in die Uniklinik Halle auf Stadion 12. Stadion 12, dass sind 10 Einzelzimmer mit Zimmerservice. Stadion 12 ist aber auch Verbleiben auf dem Zimmer, vom Behandlungsbeginn bis zum ersten messbaren Behandlungserfolg. Stadion 12 ist aber auch ein Platz, von dem es nur zwei Möglichkeiten gibt wieder weg zu kommen. Entweder bist Du Sieger und verlässt die Stadion lebend oder Du hast den Kampf gegen den Krebs verloren.
 T-8 (28.09.2017) Es geht auf Stadion, meine neue Heimat auf Zeit. Erste Maßnahme, der Zentrale Venen Katheder (ZVK) wird gesetzt. Danach ab zum Röntgen, es muss ja alles sitzen. T-7 (29.09.2017) bis T-2 (04.10.2017) Chemotherapie über ZVK, um die restlichen alten Stammzellen restlos zu zerstören. T-1 (05.10.2017) Heute hätte die SZT erfolgen sollen. Aber da noch nicht genug Zellen da waren, wurde der Termin auf Morgen verschoben. Somit ein Tag zum Ausruhen. T 0 (Null) der 06.10.2017. Der Tag der Entscheidung, Heute gibt es die neuen Zellen. Und da es am Abend etwas Fieber gab noch etwas Blut.
 
Hiermit beginnt eine neue Zeitrechnung.
Nach der Transplantation kam alles so, wie vorher gesagt. Es gab Pillen ohne Ende, dass Essen nahm den Geschmack von Pappe an und so 14 Tage nach der Transplantation verabschiedeten sich fast alle Haare von meinen Kopf innerhalb von 3 Tagen. Wichtig war den Körper in Bewegung zu halten, bei jeder Mahlzeit auch etwas zu essen, ausreichend zu trinken und die vielen Medikamente entsprechend des Zeitplanes ein zu nehmen. Es war eine Zeit des aktiven Abwartens. Abwarten was der Körper und das Blutbild ein zu sagen hat. Dann Ende Oktober 2017 war es endlich soweit. Ich hatte wieder über 1.000 Leukozyten. Die letzte Linie im Blut war somit wieder in einen Bereich, in dem ich nicht mehr den absoluten Schutz brauchte. Ich durfte wieder nach Hause fahren. Ja und was ein starker Mann ist, der trägt seine Tasche selber zum Auto. Ja ich hab meine Tasche selber zum Auto getragen. Aber als ich im Auto saß, da war ich von den paar Metern auch k.o..
 
Die Zeit nach der Transplantation, ein langer Weg zurück in das Leben.
Jetzt begann die Zeit nach der Transplantation, ein wirklich mühsamer langer Weg zurück in das Leben. Alles war anders. Wichtig war jetzt ein Grundsatz für das Essen. Schäl es, koch es oder vergiss es. Die Liste der Lebensmittel die bedenkenlos gegessen werden konnten, war überschaubar. Hierzu bekommt aber jeder Transplantationspatient ein kleines rotes Büchlein. Auch zu Hause war einiges anders als früher. Die Gefahr lauert an Stellen, wo keiner sie vermutet. Immerhin die Abwehr gegen Viren, Bakterien und Pilzen ist außer Betrieb. Aber wo bitte sind keine Viren, Bakterien und Pilze. Eine Zeit der besonderen Vorsicht und des Überlegens was man sich und seinen Körper zutrauen kann. Jede Woche einmal ein Besuch in der Universitätsklinik. Kontrolle Blutbild, Arztgespräch, neuer Termin. Jede Woche langsam klein anfangend den Körper wieder aktivieren. Ja ein kleiner Spaziergang kann gewaltig anstrengend sein. 1.000 Meter sind schon mal für den Anfang als sportliche Meisterleistung zu betrachten. Dann Knochenmarkpunktion, bei mir an Tag 30, Tag 100, Tag 180 und Tag 360. Es erfolgt somit eine aufwendige gründliche Ergebniskontrolle um wirklich möglichst schnell eingreifen zu können.
 
Eine GvHD
Ja eine GvHD, zu gut Deutsch eine Transplantat gegen Wirt Reaktion, ist eine zum einen erwünschte und zum anderen eine befürchtete Nebenwirkung. Erwünscht weil das neue Immunsystem gleichzeitig auch mit aller Kraft die verbliebenen Krebszellen bekämpft und gefürchtet, weil sich das neue Immunsystem gegen den Wirt, als mich richtet. Meine GvHD begann im November. Sie richtete sich gegen meine Haut, mein Verdauungssystem und meine Augen. Bekämpft wurde sie mit Cortison. Mein größter Vorteil durch die GvHD, bei allen Knochenmarkpunktionen war bisher das Ergebnis, 100% Spenderzellen.
 
Als kleiner Nebeneffekt der GvHD ergab sich im Dezember 2017 noch eine Diabetes. Ja ich hatte noch Blut im Zucker. Es konnte im Blutbild noch etwas Blut im Zuckerkreislauf festgestellt werden. Somit eine neue Baustelle, die mich bis Heute mit wechselnden Erfolg begleitet. Die größte Überwindung dabei war es, mich selber spritzen zu müssen. Im Januar 2018 stellte ich dann den Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Hier geht mein besonderer Dank an die Techniker Krankenkasse. Da ein MDS ja das gleiche ist wie eine CLL war mein Krankengeld im Januar 2018 ausgelaufen. Ein Feind des Patienten sind die Bürokraten der Krankenkasse. Ob die jemals begreifen, das Sicherheit ein wichtiger Teil der Genesung ist, wir werden es wohl nie erfahren.
 
Im Juli ging es dann zum zweiten Mal zur AHB. Diesmal nach Bad Salzelmen. Die AHB hatte mir gut getan, es wurde auch auf meine „speziellen Wünsche“ zum Thema Ernährung Rücksicht genommen. Ja Keimreduziert und gleichzeitig für Diabetiker geeignet ist schon eine größere Aufgabe. Dann eine Woche nach der AHB im August mal wieder ein Rückschlag. Durchfall und die GvHD meldete sich zurück. Somit würde meine GvHD zur cGvHD befördert. Das c steht für chronisch, nicht mehr Heilbar. Die Aussage vom Chefarzt dazu war, wir müssen jetzt einen Weg finden, wie Sie damit leben können. Bis jetzt ist es uns, der Universitätsklinik Halle und mir gemeinsam gelungen. Also weiter mit den regelmäßigen Blutkontrollen, Physiotherapie und den Kampf gegen die Folgen der cGvHD.
 
Im Oktober 2018 gab es dann den Bescheid von der Rentenversicherung. Volle Erwerbsminderungsrente befristet für die Zeit vom 01.03.2017 bis zum 31.12.2019. Ja so weit rückwirkend weil ich ja am 01.03.2017 meine erste AHB in der Inselsbergklinik hatte. Ach ja wie war das doch damals, ich werde wieder zu 100% arbeitsfähig. Ärzte sind auch nur Menschen und können die Zukunft nicht voraus sagen. Dann ende Dezember 2018, ich habe den Punkt erreicht, wo ich ohne SZT wohl spätestens gestorben wär. Ab jetzt ist alle Zeit die ich habe geschenkte Zeit. Die Abstände zwischen den Arztterminen werden langsam größer. Mittlerweile sind wir jetzt im August 2019 bereits bei vier Wochen angelangt. Ja der Zustand stabilisiert sich. Die Medikamente helfen und Disziplin ist bereits in Fleisch und Blut über gegangen.
 
Jetzt stehe ich seit 3 Jahren im Kampf gegen den Krebs. Er hat einige Gefechte gewonnen. Meine Gesundheit ist weit weg von dem, wie es einmal war. Aber am Ende hat der Krebs noch keinen entscheidenden Erfolg für sich erringen können. Ich lebe und mir geht es den Umständen entsprechend doch bestens. Immerhin, der Krebs war ja der Meinung das es Feierabend sein sollte im Dezember 2018. Er hat dieses Ziel nicht erreicht, ich lebe und habe es vor noch möglichst lange ein lebenswertes Leben zu führen.
 
Ach ja der Antrag auf Weiterzahlung der vollen Erwerbsminderungsrente ist schon raus. Mit einer cGvHD ist ein Arbeitsverhältnis (Belastung durch Viren, Bakterien und Pilze) der Gesundheit nicht gerade förderlich. Nachtrag Dezember 2019, ja ich Lebe und mir geht es gut. Die Rente wurde auch innerhalb kürzester Zeit bis zum 31.12.2022 verlängert. Und es ist noch ein weiterer wichtiger Erfolg zu verbuchen. Ich habe die Diabetes erst einmal besiegt. Keine Spritzen und auch keine Tabletten mehr gegen die Diabetes. Ein kleiner großer Erfolg im Leben.
 
Ergänzung vom 21.06.2021
 
An der Stelle wär wohl jetzt eine gute Geschichte zu Ende. Aber das Leben ist keine gute Geschichte und hat so einige Überraschungen bereit. Somit gibt es einen Nachtrag vom Juni 2021.

Was sicher als erstes Positives auffällt, ich kann einen Nachtrag schreiben, als lebe ich auch noch. Was hatte also das Leben an Unvorhergesehenen bereit.

Nun im Oktober 2020 gab es das Schreiben vom Amt für Versorgung und Soziales. Prüfung des Anspruchs auf einen Schwerbeschädigtenausweis. Kein Thema, mit einer CLL, ein MDS und der cGvHD sollte ich wohl weiterhin Anspruch haben. Unterlagen können ja beim nächsten Termin fertig gemacht werden. Nächster planmäßiger Termin in der Onko Ambulanz war Anfang November 2020. Der Termin kam und es gab die normalen Untersuchungen. Nur beim Blut war es ein wenig mehr. Beim Arztgespräch der Hinweis das der Anteil von Spenderzellen nicht mehr bei 100% liegt und deshalb hier nochmals kontrolliert wird. Blutwerte waren auch schlechter als im August 2020. Somit, was ist da los, jetzt wird scharf kontrolliert.

Mitte November, wenige Tage nach dem Routinetermin der Anruf von meiner Ärztin. Termin Knochenmarkpunktion (KMP) in 2 Tagen, der Anteil Spenderzellen ist schlechter geworden. Was ist hier los? Hat der Krebs eine dritte Runde eröffnet? Wie können wir Ihn besiegen? KMP geschafft und 2 Wochen später neuen Termin mit Frau. Der Krebs ist zurück und jetzt auch noch als AML. Wieder einmal haben die Versagt die für Informationen zuständig sind. Es gibt Zweitkrebs aber keiner sagt etwas vom Drittkrebs. Somit beginnen wir den Kampf gegen das MDS und auch noch gegen die AML. Nebenbei haben wir den Antrag für den Ausweis fertig gemacht. Jetzt hat das Amt wieder eine einfache Aufgabe. AML in Behandlung, da ist rechnen überflüssig für den GdB.

Der Kampf begann auch gleich mit zwei kurzen Krankenhausaufenthalten, der zweite davon sogar über den Jahreswechsel. Mal wieder einer der still und in aller Ruhe erfolgte. Nebenbei, die anderen durften ja auch nicht Feiern, Corona hat die Welt in Griff. Corona war aber für mich nur eine unangenehme Nebensache. Dank Corona und der Menschen die sich als Querdenker bezeichnen war es kaum möglich im Krankenhaus Besuch zu bekommen. Ja Covid-19 und Krebsstadion vertragen sich nicht.

Januar 2021 die erste Chemo, 7 Tage Vidaza und gleichzeitig 4 Wochen Tabletten. Danach Fieber, Notaufnahme und Sepsis. Zwei Wochen Uniklinik und davon die Erste so gut wie ohne Bewusstsein. Danach noch 2 Wochen Ruhe und wieder auf zur reduzierten Chemo damit diese nicht so aggressiv ist. Auch hier nach 4 Wochen, Fieber, Notaufnahme und Sepsis. Drei Wochen Uniklinik und weil es ja sonst langweilig wär, fast zwei Wochen im Fieber mit reduzierten Bewusstsein. Somit neuer Versuch, jetzt die Chemo auf 5 Tage reduziert. Aber auch hier, die Chemo und mein Körper waren sehr verschiedener Meinung.

Am 29.04. Kontrolltermin, ein Abszess am Allerwertesten. 30.04. Termin bei den Chirogen und noch für den 30.04. OP Termin bekommen.

Am 01.05. gegen 01.00 Uhr war dann die OP und um 04.00 Uhr war ich auf meinen Zimmer. Geplanter Aufenthalt so ca. 3 Tage. Es wurde nichts mit 3 Tagen. Wie war es doch bei den ersten beiden Runden, Fieber, dieses Mal keine Notaufnahme aber Sepsis. Dieses Mal auch mit Aufenthalt auf der Intensivstation. Ab dem Zeitpunk der Aufnahme auf der Intensivstation sind meine Erinnerungen nur noch extrem Lückenhaft. Ich würde sagen es war wohl so wie ein Koma. Es fehlen mir fast drei Wochen an die ich mich so gut wie überhaupt nicht erinnere. Das Bewusstsein stellte sich Mitte Mai wieder ein.

In den ersten Arztgesprächen stand die Frage im Raum, neuer Versuch mit Chemo oder den Kampf gegen den Krebs beenden. Was spricht für eine weitere Chemo? Die Tatsache das die Chemo nicht mehr leichter geht? Die Tatsache das ich nach jeder Chemo eine Sepsis entwickelte? Die Tatsache das die nächste Sepsis die letzte sein kann? Alles keine Argumente um den Kampf weiter zu führen. Deshalb meine Entscheidung keine Chemo mehr zu machen und den Kampf gegen den Krebs zu beenden.

Ab sofort ist das Ziel möglichst lange ein lebenswertes Leben zu führen und möglichst wenig Schmerzen zu haben. Am 25.05. wurde ich aus der Uniklinik entlassen. Der Abschied fiel keinen leicht. Wusste doch das Personal das ich nach Hause gehe um zu sterben. Aber ich werde den Ärztinnen, Ärzten, Schwestern und Pflegern als ein Kämpfer in Erinnerung bleiben. Ein Kämpfer der sich immer wieder aus einer verzweifelten Lage heraus gekämpft hat mit einer großen Portion Galgenhumor. Am 28.05. gab es noch einen Aufenthalt im Krankenhaus Merseburg. Ein letztes Mal Blut auffüllen. Hierbei wurde festgestellt ich habe noch einen Abszess. Eine OP habe ich abgelehnt weil ich nicht noch eine Sepsis haben wollte. Hier habe ich die reine Schmerztherapie gewählt.

Heute am 21.06.2021, ich lebe noch und der Abszess ist nach außen auf gegangen. Ich bekomme Schmerzmittel und es geht mir soweit gut. Im Nachgang kann ich sagen, ich habe einige Jahre lebenswerter Zeit gewonnen. Wie viel Zeit mir noch bleibt, darauf hat keiner eine Antwort. Aber ich bin meinen Weg gegangen, habe nie den Krebs die Oberhand gewinnen lassen. Jetzt ist es soweit zufrieden los zu lassen. Wir werden sehen wie viel Zeit mir noch bleibt. Nutzt meine Erfahrung wenn auch Ihr gegen den Krebs kämpft. Gebt nicht zu schnell auf, aber findet auch den Punkt und die Ruhe und Gelassenheit wenn es soweit sein sollte den Kampf ehrenhaft zu beenden. Lebenswerte Zeit ist wichtiger als die Zeit des Gesamtüberlebens.

Ergänzung am 04.07.2021

Unser Ingolf ist am 29.06.2021 friedlich im Kreise seiner Familie eingeschlafen.

 

© 2016 Selbsthilfegruppe für Leukämie- und Lymphompatienten Halle (Saale) / Sachsen-Anhalt

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