Immer mehr Menschen, die an Krebs erkranken, werden geheilt. Doch die belastenden Krebstherapien hinterlassen Schäden im Körper, die Jahre später erneut Krebs auslösen können.
Immer mehr Überlebende
Immer mehr Kinder und Jugendliche überleben eine Krebserkrankung. Sie sind der glückliche Beleg für die effektiven Möglichkeiten der Onkologie. Doch erst jetzt fangen Forscher an, auch die Schattenseiten der Therapie unter die Lupe zu nehmen. Und erste Daten zeigen: Viele der mittlerweile rund 1,5 Millionen Langzeitüberlebenden hierzulande sind nicht "geheilt". Ihr Krebsrisiko ist teilweise enorm erhöht, sie haben Herzprobleme, ihre Kräfte kehren manchmal nie mehr vollständig zurück.
Probleme auch nach vielen Jahren
So wie bei Holger Bassarek. Der Endvierziger war vor fast 20 Jahren an Krebs erkrankt - akute lymphatische Leukämie, kurz: ALL. Bestrahlungen, Chemotherapie und eine Knochenmarktransplantation haben ihn damals geheilt - vorerst. Denn nun, nach so vielen Jahren, kam der Krebs zurück. Allerdings nicht als Leukämie, vielmehr wächst ein Tumor in seinem Unterschenkelknochen. Sehr wahrscheinlich ist der Knochenkrebs eine Spätfolge der harten Therapie damals. Und das ist nicht alles: Holger Bassareks Gedächtnis ist mitunter nicht so verlässlich, wie es sein sollte. Er leidet immer wieder unter Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Und seine Finger kribbeln und sind ständig taub.
Versorgungslücken
Weitere, typische Spätfolgen von Chemo- und Strahlentherapie sind ein fortschreitender Knochenabbau und ein erhöhtes Risiken für Herzerkrankungen. Erst in jüngster Zeit zeigen Studien, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für Überlebende ist, solche schweren Folgeerkrankungen zu erleiden. So haben zum Beispiel Frauen, die als Kind einer Leukämietherapie durchlebten, ein Brustkrebsrisiko von rund 20 Prozent. Doch erst langsam rücken diese besonderen Patienten in den Fokus der Ärzteschaft. Die Langzeitüberlebenden finden daher kaum Anlaufstellen für ihre Probleme. Onkologen fühlen sich spätestens nach 5 Jahren nicht mehr zuständig, Hausärzte sind mit der komplexen Problematik häufig überfordert. Und so erfahren viele Patienten erst von anderen Betroffenen in Internetforen, dass ihre chronische Müdigkeit oder ihr kaputtes Gelenk auf Strahlen- oder Chemotherapien zurückzuführen sind, die 20 Jahre und mehr zurückliegen.