Für das erweiterte Anwendungsgebiet enthält das Dossier keine geeigneten Daten
Ibrutinib wurde 2014 zur Behandlung bestimmter Erwachsener mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) zugelassen, vor allem als Zweitlinientherapie. Im Jahr 2016 wurde das Anwendungsgebiet erweitert. Zugelassen ist der Wirkstoff nun auch für nicht Vorbehandelte. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun in einer Dossierbewertung überprüft, ob dieser Wirkstoff einen Zusatznutzen bietet. Dieser ist jedoch nicht belegt. Denn der Hersteller hat für keine der insgesamt drei Untergruppen von Patientinnen und Patienten geeignete Daten vorgelegt.
G-BA formuliert drei Fragestellungen
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seinem Auftrag zwischen drei Therapiesituationen unterschieden und jeweils verschiedene zweckmäßige Vergleichstherapien vorgegeben: Bei Patientinnen und Patienten, für die eine Chemo-Immuntherapie infrage kommt und auch eine Kombinationstherapie aus Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab (FCR) geeignet ist, sollte Ibrutinib mit FCR verglichen werden. Kommt zwar eine Chemo-Immuntherapie, nicht aber FCR infrage, sollte Ibrutinib gegen eine Chemo-Immuntherapie nach Maßgabe der Ärztin oder des Arztes getestet werden.
Die dritte Fragestellung betrifft therapienaive CLL-Patienten, für die eine Chemo-Immuntherapie nicht infrage kommt. Bei dieser Patientengruppe sollte Ibrutinib mit Best supportive Care (BSC) verglichen werden. Unter BSC versteht man die Therapie, die eine bestmögliche, individuell optimierte, unterstützende Behandlung zur Linderung von Symptomen und zur Verbesserung der Lebensqualität gewährleistet. Nicht Gegenstand der Bewertung waren Patientinnen und Patienten mit speziellen Mutationen (17p-Deletion, TP53-Mutation), da Ibrutinib für sie schon länger zugelassen ist.
Studien nicht hinreichend ähnlich
Für die erste Fragestellung enthält das Dossier gar keine Daten. Für die zweite Patientengruppe, für die FCR nicht infrage kommt, legt der Hersteller mangels direkt vergleichender Studien Ergebnisse aus indirekten Vergleichen vor. Doch bei keinem dieser indirekten Vergleiche ist sichergestellt, dass die Studien hinreichend ähnlich waren. Insbesondere wurde das Medikament in den jeweiligen Vergleichsarmen unterschiedlich, teilweise zu niedrig dosiert. Bei einem Teil der Patienten entsprach die Therapie zudem nicht der Zulassung. Darüber hinaus unterschieden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer u. a. hinsichtlich Alter und Begleiterkrankungen. Daher ist nicht auszuschließen, dass Unterschiede in den Behandlungsergebnissen allein auf Unterschiede bei der Dosierung oder den Studienpopulationen zurückzuführen sind.
Best supportive Care nicht umgesetzt
Für die dritte Fragestellung zog der Hersteller zwar eine direkt vergleichende Studie heran. Deren Ergebnisse sind für die Bewertung des Zusatznutzens jedoch nicht geeignet, da sie auch Patientinnen und Patienten einschloss, für die eine alternative Chemo-Immuntherapie infrage gekommen wäre. Zudem erhielten im Vergleichsarm alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer den identischen Wirkstoff. Das heißt aber, dass die Therapie hier gerade nicht individuell optimiert wurde.
Somit enthält das Dossier für keine der drei Fragestellungen Daten, die für die Bewertung geeignet wären. Ein Zusatznutzen von Ibrutinib gegenüber der jeweiligen zweckmäßigen Vergleichstherapie ist deshalb auch im erweiterten Anwendungsgebiet nicht belegt.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.
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