Die Nervenkrankheit Polyneuropathie beginnt immer in den Zehen. Typische Symptome sind Missempfindungen wie Kribbeln, Stechen, Brennen und Taubheit, die mit der Zeit stärker werden und sich bis zur Körpermitte ausbreiten können. Ihren Ursprung haben die Gefühlsstörungen in den langen Nerven, die Muskeln, Haut und Organe mit dem Gehirn verbinden. Schäden an den Nervenhüllen führen dazu, dass die Weiterleitung von Informationen zwischen Gehirn, Rückenmark und dem Rest des Körpers gestört ist.
Ursachen der Polyneuropathie
Die Polyneuropathie gehört zu den häufigsten neurologischen Krankheiten. Als Auslöser kommen mehr als 600 mögliche Ursachen infrage:
- In rund 80 Prozent der Fälle tritt eine Polyneuropathie als Spätfolge der Zuckerkrankheit Diabetes oder eines langjährigen Alkoholmissbrauchs auf.
- Auch Medikamente, Infektionen, Vitaminmangel, Autoimmunkrankheiten und genetische Faktoren können die Hüllen oder das Innere der Nerven beschädigen und dadurch eine Polyneuropathie auslösen.
Trotz aller diagnostischen Fortschritte bleibt die Ursache in jedem fünften Fall unklar ("idiopathische Neuropathie"). Ärzte können dann nur die Symptome behandeln. Unabhängig von der Ursache gilt: Je früher eine Polyneuropathie erkannt und behandelt wird, umso besser.
Diagnose der Polyneuropathie
Beim Verdacht auf Polyneuropathie versuchen Neurologen mit einer Reihe von Tests, die Ursache und das Ausmaß der Erkrankung herauszufinden:
- Zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit wird Strom durch die Nervenbahnen geschickt. Werden die Impulse deutlich verzögert weitergeleitet, ist das ein deutlicher Hinweis auf eine Polyneuropathie.
- Um festzustellen, wie stark die Nerven bereits geschädigt sind, testet der Neurologe mit einer Stimmgabel das Vibrationsempfinden. Der Erkrankte muss angeben, ab wann er die Schwingungen der angeschlagenen Gabel nicht mehr spürt.
- Das Temperatur- und Schmerzempfinden wird mit einer sogenannten Thermode geprüft. Gesunde nehmen Wärme ab 38 Grad wahr, Erkrankte mit einer Polyneuropathie erst bei deutlich höheren Temperaturen. Wenn Betroffenen Verletzungen, Kälte und Hitze zu spät spüren und sich unbemerkt Geschwüre entwickeln, bleibt oft nur eine Amputation.
- Eine Biopsie kann helfen, die Ursache der Polyneuropathie einzugrenzen. Dazu entnimmt der Arzt Muskel- und Nervengewebe und lässt es untersuchen. So kann er feststellen, ob eine Infektion, eine Autoimmunkrankheit oder eine Erbkrankheit der Auslöser ist.
- Einige Spezialisten können per Ultraschall oder MRT die Nerven auf typische Veränderungen untersuchen.
Polyneuropathie durch Diabetes, Alkohol und Medikamente behandeln
Bei der Behandlung der Polyneuropathie geht es darum, die wahrscheinliche Ursache zu bekämpfen. Gelingt dies, stehen die Heilungschancen gut:
- Hat ein Diabetes schleichend über viele Jahre die Nerven zerstört, muss der Patient seine Blutzuckerwerte in den Griff bekommen, um die Nervenschädigung zu stoppen. Allerdings führt eine zu rasche Senkung der Blutzuckerwerte zu weiteren Nervenschäden. Als optimal gilt eine sanfte Senkung des HbA1c-Wertes um weniger als zwei Prozentpunkte über einen Zeitraum von drei Monaten. Bei Altersdiabetes empfehlen Ärzte eine Umstellung des Lebensstils mit Gewichtsreduktion und viel Bewegung. Zusätzlich können Medikamente Schmerzen und Gefühlsstörungen lindern.
- Sind Alkohol oder Medikamente die Ursache, hilft Abstinenz beziehungsweise ein Wechsel der Präparate. Bei alkoholbedingter Polyneuropathie kann Vitamin B1 zusätzlich die Regeneration der peripheren Nerven fördern.
Therapien gegen Polyneuropathie
Bei anderen Formen der Polyneuropathie ist die Behandlung schwieriger. Zum Beispiel wird die entzündliche Polyneuropathie mangels eindeutiger Ursache mit Kortison und Schmerzmitteln behandelt, um die Symptome zu lindern. Mögliche Therapien:
- In vielen Fällen haben sich Antidepressiva, Medikamente gegen Krampfanfälle (Antikonvulsiva) und physikalische Therapie bewährt.
- Auch Naturheilverfahren können helfen - allerdings nur in der Anfangsphase der Erkrankung, wenn das Kribbeln beginnt.
- Bei der Elektrotherapie werden die Nerven durch Impulse aus einem speziellen Schrittmacher so stimuliert, dass Erkrankte statt Schmerzen ein leichtes Kribbeln spüren.
- Bei Schmerzen und Empfindungsstörungen in den Füßen haben sich Akupunktur und Fußreflexzonenmassage mit scharfen Salben (Capsaicin) bewährt.
- Viel Bewegung, zum Beispiel Aquagymnastik und Gehtraining, und Physiotherapie unterstützen die medikamentöse Behandlung und helfen, eine Polyneuropathie in Schach zu halten.
Die Therapien müssen dauerhaft durchgeführt werden. Eine Pause beeinträchtigt schnell den Behandlungserfolg. Viele der ambulanten Leistungen müssen Erkrankte selbst bezahlen.
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