Eine Folge von Chemotherapien können Nervenschäden sein. Sie sollten möglichst frühzeitig erkannt werden, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Chemotherapien sind bei Krebserkrankungen oft lebensrettend oder lebensverlängernd, die dafür notwendige Aggressivität hat jedoch ihren Preis. Eine häufige Nebenwirkung sind Nervenschädigungen in Armen oder Beinen, die sogenannte Chemotherapie-bedingte periphere Neuropathie. Sie sollte möglichst früh erkannt werden, damit rechtzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. In der neuen S3-Leitlinie für unterstützende, sogenannte supportive Therapien bei Krebspatienten wurde der Chemotherapie-bedingten peripheren Neuropathie sogar ein eigenständiges Kapitel gewidmet.
Typischerweise beginnt eine periphere Neuropathie mit einem Taubheitsgefühl oder Missempfindungen in den Fingerspitzen und/oder Zehen. Im Verlauf der Chemotherapie breiten sich die Beschwerden dann handschuhartig oder strumpfförmig aus. Neben Gefühlsstörungen sind auch Muskelkrämpfe, Muskelschwäche, Einschränkungen der Fingerbeweglichkeit, Gangstörungen und Nervenschmerzen möglich, sogar das autonome Nervensystem kann mit Kreislaufstörungen, Störungen der Blasenfunktion oder Störungen der Verdauungstätigkeit betroffen sein. Wenn die Chemotherapie beendet wird, bessern sich die Probleme oder verschwinden meist sogar vollständig wieder. Allerdings kann sich dieser Besserungsprozess bei manchen Chemotherapeutika mitunter bis zu drei Monate lang hinziehen.
Wie wahrscheinlich bei einer Chemotherapie eine periphere Neuropathie eintritt, hängt im Wesentlichen davon ab, welcher Wirkstoff in welcher Dosis eingesetzt wird, wie lange die gesamte Behandlung dauert und wie lange jeweils die Infusionen bei einer Therapiesitzung laufen müssen. Auch individuelle Risikofaktoren steigern die Wahrscheinlichkeit. Hierzu gehören die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Alkoholkonsum in der Zeit von Chemotherapien, die Einnahme weiterer Arzneimittel, die die Nerven schädigen können, Vorschädigungen der Nieren, Schilddrüsenunterfunktion, Vitaminmangel und HIV-Infektion. Zudem treten chemotherapiebedingte Nervenschädigungen im höheren Lebensalter mit höherer Wahrscheinlichkeit auf.
Schon erste Anzeichen einer Nervenschädigung im Rahmen einer Chemotherapie sollten ein Anlass sein, die bisherige Chemotherapie zu verändern, etwa über Dosisanpassungen. Hierfür gibt die neue Leitlinie klare Regeln vor, mit deren Hilfe gewährleistet wird, dass die Krebsbehandlung wirksam fortgesetzt werden kann. Der Früherkennung einer chemotherapiebedingten peripheren Neuropathie kommt deshalb hohe Bedeutung zu. Mithilfe nicht-medikamentöser Therapien wie Sporttherapie, Ergotherapie, Physiotherapie und physikalischer Therapie inklusive der Elektrotherapie lassen sich ersten Studienhinweisen zufolge bestehende Beschwerden bessern. Linderung können darüber hinaus medikamentöse Therapien bringen.
Quelle:
https://www.krebsgesellschaft.de/