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So sicher sind die Impfstoffe gegen Corona

Innerhalb weniger Monate haben verschiedene Biotechnologieunternehmen weltweit Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 entwickelt. Wie sie wirken und wie die Zulassung funktioniert, können Sie in diesem Artikel nachlesen.

Deutschland impft seit dem 27. Dezember  

Normalerweise können 15 bis 20 Jahre vergehen, ehe Hersteller einen Impfstoff bis zur Marktzulassung bringen. Dieses Mal ging – und geht – es schneller – auch, weil Expertinnen und Experten über neue Technologien verfügen und auf Erkenntnissen aus anderen Impfstoffprojekten gegen verwandte Viren aufbauen konnten. 

In einem Kraftakt ohnegleichen haben Forscherinnen und Forscher weltweit zeitgleich daran gearbeitet, Impfstoffe zu entwickeln, ihre Ergebnisse zum Erreger miteinander geteilt und über Daten aus Entwicklung früh mit den zuständigen Behörden beraten. Ein derartig internationales wissenschaftliches Zusammenwirken gab es vor dieser Pandemie noch nie. Mehrere Unternehmen haben so in kurzer Zeit erfolgreiche Impfstoff-Kandidaten entwickelt und zur Zulassung gebracht. 

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) befinden sich aktuell noch über 60 mögliche Impfstoffkandidaten in klinischen Prüfungen, 170 weitere sind in der vorklinischen Entwicklung. 

Am 27. Dezember 2020 wurden die ersten Personen in Deutschland gegen COVID-19 geimpft. Ein wichtiger Schritt, um den Weg aus der Pandemie zu ebnen und Menschenleben zu retten. Denn wenn circa 70 Prozent der Bevölkerung immun sind, werden die Anzahl der Infektionen so sehr verringert, dass das Infektionsgeschehen stark eingedämmt und die Pandemie zu einem Ende kommen kann. Inwieweit auch die Übertragung von SARS-CoV-2 verhindert werden kann, muss weiterhin untersucht werden. Ein Teil der Bevölkerung – davon ist auszugehen – verfügt bereits über einen Schutz vor Erkrankung durch eine überstandene Infektion. Klar ist jedoch: Je mehr Menschen geimpft werden, desto schwerer sind die Bedingungen für die Ausbreitung des Virus und desto mehr Erkrankungen, die schwere und tödliche Infektionsverläufe haben können, lassen sich verhindern.

Welche Corona-Impfstoffarten gibt es und wie wirken sie?

Mittlerweile sind in der Europäischen Union drei COVID-19 Impfstoffe zur Anwendung ab 16 bzw. 18 Jahren zugelassen. Weitere aussichtsreiche Impfstoff-Entwicklungen befinden sich in fortgeschrittenen Phasen der klinischen Erprobung. Darunter sind weitere Impfstoff-Kandidaten, für die bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bereits im Rahmen des Zulassungsverfahrens Unterlagen eingereicht werden oder ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde. Alle Impfstoffkandidaten basieren auf einem Grundprinzip: Sie präsentieren dem Immunsystem Teile (Antigene) des neuartigen Coronavirus. Dadurch baut der Körper eine Immunität gegenüber dem Erreger auf. Expertinnen und Experten unterscheiden grundsätzlich drei Typen: Impfstoffe mit Vektorviren, Totimpfstoffe (Protein- oder inaktivierte Impfstoffe) sowie mRNA/DNA-Impfstoffe.

Corona-Impfstofftypen

mRNA-Impfstoffe: Auf genetischer Information basierende Impfstoffe kommen ohne Krankheitserreger oder deren direkten Protein-Bestandteilen als Antigene aus. Sie enthalten stattdessen Teile der Erbinformation eines bestimmten Virusproteins – in Form von mRNA. Diese stellen den Bauplan für bestimmte Virusproteine (i.d.R. Spike-Protein) bereit. Nach der Impfung nehmen einige wenige menschliche Körperzellen die mRNA auf, die den Körperzellen als Vorlage dienen, um die Virusproteine selbst zu produzieren. Wichtig ist: Es wird nur ein kleiner Bestandteil des Virus gebildet, sodass ein Entstehen von kompletten vermehrungsfähigen Viren ausgeschlossen ist. Die neu gebildeten, ungefährlichen Virusproteine (Antigene) aktivieren das Immunsystem und erzeugen die schützende Immunantwort. Falls eine geimpfte Person später in Kontakt mit SARS-CoV-2 kommt, erkennt das Immunsystem das Antigen und bekämpft das Virus bzw. die Infektionskrankheit gezielt. mRNA-Impfstoffe erlauben – das ist hilfreich mit Blick auf das Bewältigen der Pandemie – eine einfachere Produktion und gewährleisten über die genutzte Plattformtechnologie unter Verwendung von Lipidnanopartikeln das Herstellen von vielen Millionen Impfdosen in nur wenigen Wochen. Auch Anpassungen des Impfstoffs an veränderte Virusmutationen sind bei dieser Technologie in kurzer Zeit möglich. Es gibt nach heutigem Wissensstand keine Anzeichen, dass mRNA-Impfstoffe die Gene des Menschen beeinflussen.

Impfstoffe mit Vektorviren: Vektor-Impfstoffe enthalten für den Menschen harmlose Erreger (Viren) – die Vektoren. Sie tragen ein oder mehrere Moleküle (Antigene) des Krankheitserregers, um eine Immunantwort auszulösen. Ein Beispiel sind Impfstoffe gegen Ebola, die die Europäische Kommission in den letzten Jahren europaweit zugelassen hat. Bei den Veränderungen des Vektors wird stets auf dessen Unbedenklichkeit gegenüber Menschen und Umwelt geachtet. Zur Gruppe der Vektor-Impfstoffe zählt der seit Anfang Februar 2021 zugelassene COVID-19 Impfstoff des Unternehmens AstraZeneca.

Totimpfstoffe: Dieser Impfstofftyp enthält abgetötete (inaktivierte) Krankheitserreger selbst, die nicht vermehrungsfähig sind oder biotechnologisch hergestellte gereinigte Virus-Proteine. Bakterien, Hefe oder Säugerzellen produzieren das Virusprotein, das später als Antigen im Impfstoff verwendet wird. Diese Impfstoffe enthalten teilweise bestimmte Stoffe, um die Wirksamkeit zu verstärken (sog. Adjuvantien).

Im Kampf gegen das Coronavirus stehen uns derzeit drei zugelassene Impfstoffe zur Verfügung:  

1.    Ein mRNA-Impfstoff des deutschen Unternehmens BioNTech in Kooperation mit dem Pfizer-Konzern – Comirnaty (BNT162b2). Am 21. Dezember 2020 ist der Impfstoff von der Europäischen Kommission zugelassen worden. 

2.    Ein mRNA-Impfstoff der US-Firma Moderna – COVID Vaccine Moderna (mRNA-1273). Die Zulassung dieses zweiten mRNA-Impfstoffs folgte am 6. Januar 2021.

3.    Ein vektorbasierter Impfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens COVID-19 Vaccine AstraZeneca – AstraZeneca (AZD1222). Die Zulassung dieses ersten vektorbasierten Impfstoffes gegen COVID-19 erfolgte am 29. Januar 2021.

Wie errechnet sich die Wirksamkeit eines Impfstoffes?*

*Am Beispiel des Impfstoffes von BioNTech/Pfizer

In der Impfstoffstudie von BioNTech/Pfizer wurden die Probandinnen und Probanden in zwei Gruppen aufgeteilt – die eine Gruppe erhielt einen Placebo und die andere Gruppe erhielt den Impfstoff von BioNTech/Pfizer. Die Probandinnen und Probanden wussten nicht, ob sie den Placebo oder den Impfstoff bekommen hatten.

Im Verlauf wurde dann beobachtet, wie viele der Probandinnen und Probanden an COVID-19 erkrankten.

Folgendes wurde festgestellt: Die Gruppe der COVID-19 Erkrankten bestand zu 95 Prozent aus Personen, die den Placebo-Impfstoff erhalten hatten und nur zu 5 Prozent aus den Probandinnen und Probanden, die den BioNTech/Pfizer-Impfstoff bekommen hatten.

Daraus kann man schließen, dass die Impfung mit dem COVID-19 Impfstoff von BioNTech/Pfizer rund 95 Prozent der COVID-19 Erkrankungen verhindert hat.

Daher spricht man von einer Impfeffektivität von rund 95 Prozent.

Erfolgt die Impfstoff-Entwicklung zugunsten der Schnelligkeit – aber zulasten der Sicherheit?  

Jeder Impfstoff muss unbedenklich, sicher, wirksam und gut erprobt sein, bevor er eine Marktzulassung in der EU bzw. in Deutschland erhält. Diesen Nachweis muss der Hersteller in vorklinischen Untersuchungen und klinischen Prüfungen erbringen. Das Studienprogramm gliedert sich in drei Phasen:

Die drei Studienprogramm-Phasen der Corona-Impfstoffentwicklung

Phase I-Studien: Vor allem Sicherheit und Verträglichkeit von neuen Impfstoffentwicklungen werden während der ersten klinischen Prüfung am Menschen an einer kleinen Studienpopulation von weniger als 100 gesunden erwachsenen Personen untersucht. Daneben wird getestet, ob durch den Impfstoff eine gewünschte Immunreaktion hervorgerufen werden kann (Während der Corona-Pandemie wurden mehrere hundert Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer in die Studien eingeschlossen und Kombinationen mit klinischen Prüfungen der Phase II angeschlossen.)

Phase II-Studien: Üblicherweise finden in dieser Phase Erhebungen zur Dosisfindung, Immunogenität und Verträglichkeit eines Impfstoffes an einer größeren Anzahl von Probandinnen und Probanden statt (mehrere 100). Ziel ist, das Wissen zur Verträglichkeit und Immunreaktion (Bildung von Antikörpern und zellulärer Immunantwort) bei einzelnen Dosierungen näher zu untersuchen. Bei SARS-CoV-2 haben Expertinnen und Experten mehrere tausend Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer beteiligt. Kombinationen mit klinischen Prüfungen der Phase III wurden hier angeschlossen.

Phase III-Studien: Es erfolgen Untersuchungen zum klinischen Nachweis der Wirksamkeit vor einer COVID-19 Erkrankung und Sicherheit der Impfstoffe an mehreren tausend bis mehreren zehntausend Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmern verschiedener Altersgruppen.

In Deutschland erfolgt die Zulassung eines Impfstoffs nur dann, wenn er alle drei Phasen des klinischen Studienprogramms erfolgreich durchläuft und ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis bescheinigt wird. Die nationalen und internationalen Qualitätsstandards gelten – wie bei allen anderen Impfstoff-Entwicklungen – auch bei der Zulassung einer Corona-Schutzimpfung. Bis vor wenigen Jahren hätten Beteiligte für das Durchlaufen aller Etappen bis zu 20 Jahre angesetzt. Doch neue Technologien, Vorerfahrung mit Impfstoffprojekten gegen verwandte Viren (z.B. MERS-CoV), eine intensive Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Behörden und das Angebot wissenschaftlicher und regulatorischer Beratung, haben es ermöglicht, so schnell wie noch nie einen Impfstoff zu entwickeln, der wirksam und unbedenklich ist und den Qualitätsanforderungen entspricht. 

Lässt das beschleunigte Zulassungsverfahren wichtige Prüfschritte aus?

Nein. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ist zuständig für die Genehmigung der klinischen Prüfungen in Deutschland und ist an der europaweiten Zulassung durch die Europäische Kommission maßgeblich beteiligt. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und die Europäische Arzneimittelagentur EMA beschleunigen zeitlich alle regulatorischen Prozesse rund um einen Impfstoff gegen COVID-19 und bewältigen diese mit erhöhtem Personaleinsatz. Mit Hilfe des Rolling-Review Verfahrens können Expertinnen und Experten der Arzneimittelbehörden die EU-Daten der Impfstoff-Entwickler früh sichten und bewerten, was das gesamte Zulassungsverfahren zeitlich beschleunigt.  Die Unternehmen wiederum beginnen Monate vor der Zulassung bereits mit der Produktion, obwohl die Möglichkeit besteht, dass der entsprechende Impfstoff in der Erprobung scheitern und nach der unabhängigen Prüfung der Behörden nicht zugelassen werden könnte. Unter anderem durch den Abschluss der sogenannten Advanced Purchase Agreements mit der EU-Kommission ist es den Unternehmen möglich, solche finanziellen Risiken einzugehen.

Grundsätzlich beschleunigen die Beteiligten die Testverfahren also nicht, indem sie Überprüfungen auslassen. Stattdessen führen sie die in der Regel nacheinander stattfindenden Studien teilweise parallel bzw. kombiniert durch und bereiten die Zulassungsverfahren frühzeitig vor. Die Anforderungen an Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von COVID-19 Impfstoffen bleibt so unverändert hoch. Über die Zulassung entscheidet im letzten Schritt die EU-Kommission. 

Das beschleunigte Zulassungsverfahren in der Europäischen Union ist nicht zu verwechseln mit dem Notfall-Zulassungsverfahren, das in einigen anderen Staaten durchgeführt worden ist.

Lassen sich Nebenwirkungen ausschließen?

Nein, auch Impfstoffe, die bereits langjährig in der Anwendung sind, haben Nebenwirkungen. Wichtig ist, diese genau zu kennen und weiter zu beobachten. Eine zentrale Aufgabe des Prüf- und Zulassungsverfahrens ist es, die in den klinischen Prüfungen aufgetretenen Nebenwirkungen zu beschreiben – und auch zu benennen, mit welcher Häufigkeit diese auftreten können.

Für Deutschland erfasst das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) nach der Zulassung eines Impfstoffs zentral alle Nebenwirkungen und Impfreaktionen – unabhängig vom Hersteller. Durch das Zusammenfassen von nationalen und internationalen Beobachtungen stellen die Beteiligten (Behörden und pharmazeutische Unternehmen) sicher, dass auch Risiken von Impfstoffen erfasst werden, die so selten sind, dass sie erst bei einer sehr großen Anzahl durchgeführter Impfungen sichtbar werden.

Was ist mit möglichen Langzeitfolgen? 

Die Erfahrungen mit vielen Impfstoffen über viele Jahre haben gezeigt, dass die meisten Nebenwirkungen kurze Zeit nach der Impfung auftreten. Aufgrund der großen Anzahl von Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern in den klinischen Prüfungen der COVID-19-Impfstoffe (> 10.000 Geimpfte) ist davon auszugehen, dass auch seltene Nebenwirkungen im Beobachtungszeitraum der klinischen Prüfungen hätten erkannt werden können. Die Arzneimittel werden aber auch nach der Zulassung weiter aktiv überwacht, sodass hier immer mehr Erkenntnisse auch zur Langzeitsicherheit in den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gewonnen werden.

Um das Wissen über die Verträglichkeit des Impfstoffs zu erweitern, können Geimpfte ihre Symptome unter www.nebenwirkungen.bund.de melden. Hierfür ist ebenfalls die Paul-Ehrlich-Institut-Smartphone-App "SafeVac 2.0" freiwillig nutzbar.

Ab wann sind Geimpfte wirklich geschützt? 

Die aktuell zugelassenen Impfstoffe der Firmen Moderna, BioNTech/Pfizer und AstraZeneca werden in zwei Dosen verimpft, um sicherzugehen, dass eine ausreichende Immunität gegen das Virus erreicht wird. 

Der von der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut empfohlene und durch die Zulassungsstudien abgedeckte Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung variiert dabei wie folgt:

  • BioNTech-Impfstoff: 3-6 Wochen
  • Moderna: 4-6 Wochen
  • AstraZeneca: 12 Wochen

Ob, wie bei Influenza, eine Impfung jedes Jahr erfolgen muss, ist noch offen und wird im Rahmen der klinischen Prüfungen weiter untersucht.

Gibt es eine Impfpflicht? Und ist eine Impfung kostenpflichtig?

Eine Impfpflicht gibt es nicht. Genauso wenig müssen Bürgerinnen und Bürger die Impfung zahlen. Sie ist kostenlos. 

Zuerst werden diejenigen geimpft, die bei einer Coronavirus-Infektion besonders gefährdet sind – unter anderem Personen ab einem Alter von 80 Jahren und Bewohnerinnen und Bewohner von Senioren- und Altenpflegeheimen. Genauso haben das medizinische Personal und Menschen, die ein sehr hohes berufliches Risiko haben, sich oder schutzbedürftige Personen anzustecken, Priorität und werden früh geimpft.

Quelle:

https://www.zusammengegencorona.de/

 

© 2016 Selbsthilfegruppe für Leukämie- und Lymphompatienten Halle (Saale) / Sachsen-Anhalt

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