New Orleans – Die Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) wird zunehmend komplizierter. Während die klassischen Chemoimmuntherapien immer mehr durch Chemotherapie-freie, aber zeitlich limitierte Protokolle ersetzt werden, ergibt sich auch ein immer klareres Bild von deren Wirksamkeit bei Vorliegen verschiedener genetischer Aberrationen, wie die Deutche CLL-Studiengruppe bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in New Orleans berichten konnte (Abstract 345).
Die Chemoimmuntherapie mit Rituximab wurde vor etwa eineinhalb Jahrzehnten zur Behandlung der CLL eingeführt, wird aber mittlerweile mehr und mehr durch Chemotherapie-freie Protokolle abgelöst. Diese enthalten neben CD20-Antikörpern den BCL2-Inhibitor Venetoclax und teilweise den BTK-Inhibitor Ibrutinib, werden aber zunehmend für einen zeitlich begrenzten Zeitraum gegeben.
Unter der Chemoimmuntherapie hatten Patientinnen und Patienten mit bestimmten genetischen Aberrationen wie einem unmutiurten IGHV-Status oder Mutationen des TP53-Gens beziehungsweise 17p-Deletion eine schlechtere Prognose. Weniger gut etabliert ist die prognostische Rolle von Mutationen für die genannten Chemotherapie-freien Therapien. Um hier zu neuen Erkenntnissen zu kommen, führte die Deutsche CLL-Studiengruppe eine sekundäre Analyse ihrer vergleichenden Studie CLL13/GAIA durch, die Eugen Tausch von der Universität Ulm beim ASH-Kongress vorstellen konnte.
CLL13 randomisierte in einem europäischen Kontext 926 Patienten mit neu diagnostizierter CLL entweder zu einer klassischen Immunchemotherapie oder zu einem von 3 Regimen, in denen Venetoclax mit Rituximab (RVe), Obinutuzumab (GVe) oder Obinutuzumab und Ibrutinib (GIVe) kombiniert wurde.
Die Patienten durften keine Deletion 17p beziehungsweise TP53-Mutation aufweisen, die Immunchemotherapie bestand für bis zu 65-jährige Patienten aus dem FCR-Protokoll (Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab), für die älteren aus Rituximab und Bendamustin (BR).
Auf genomische Aberrationen wurde bei Studieneinschluss gescreent: Neben Translokationen und IGHV-Mutationen wurden mithilfe von Next-Generation-Sequencing-Methoden Mutationen in TP53, NOTCH1, SF3B1, MYD88, KRAS,NRAS, BRAF, EGR2, NFKBIE, RPS15, XPO1 und BIRC3 gesucht. Als ko-primäre Endpunkte wurden das progressionsfreie Überleben (PFS) sowie der Status bezüglich der minimalen Resterkrankung (MRD) im peripheren Blut nach 15 Monaten definiert.
Lediglich 21,7 % der Patienten hatten einen normalen Karyotyp, bei 55,9 % war IGHV unmutiert. Unter den untersuchten Genmutationen waren am häufigsten solche in SF3B1 (22,6 %), NOTCH1 (20,5 %), NFKBIE (13,6 %), BIRC3 (11,8 %), BRAF/KRAS mit zusammen 9,6 %), XPO (7,9 %), EGR2 (5,6 %), RPS15 (5,5 %) und MYD88 (4,2 %).
Der MRD-Status nach 15 Monaten hing in der gepoolten Analyse aller 3 experimentellen Gruppe nicht mit einer genetischen Aberration zusammen. In einzelnen Armen war die Situation teilweise anders: Bei Vorliegen einer NOTCH1-Mutation hatten im GVe-Arm die Patienten geringere Chancen, MRD-frei zu werden (74,4 % versus 88,6 %; p = 0,02). Im RVe-Arm waren sie bei denen mit Deletion 13 höher (73,5 % versus 52,2 %; p = 0,03).
Wie bereits bekannt, war unter einer Chemoimmuntherapie ein umutierter IGHV-Status mit signifikant geringerer Aussicht auf MRD-Negativität assoziiert (42,0 % versus 66,3 %; p < 0,01), ebenso eine Deletion 11q (39,0 % versus 58,4 %; p = 0,04). Höher war die Chance dagegen bei Patienten mit MYD88-Mutationen (92,3 % versus 50,2 %; p = 0,02).
Das PFS war nach median 38,8 Monaten in der kombinierten Analyse der experimentellen Arme kürzer bei unmutiertem IGHV (Hazard Ratio [HR] 2,29; p < 0,01), NOTCH1-Mutationen (HR 1,76; p < 0,01) und BRAF/RAS (HR 2,45; p < 0,01) sowie länger mit Deletion 13q (HR 0,67; p = 0,03).
Quelle:
CLL: Genetische Aberrationen mit unterschiedlichem Einfluss auf... (aerzteblatt.de)