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Chemotherapie-frei und zeitlich limitiert: Das ist die Zukunft der CLL-Therapie

San Diego – Bei der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) geht die klinische Forschung in den letzten Jahren eindeutig in Richtung einer sowohl Chemotherapie-freien als auch zeitlich limitierten Behandlung. Möglich wird das durch immer wirksamere Medikamente, die an den Achillesfersen der malignen Zellen angreifen und zu früher nicht für möglich gehaltenen tiefen Remissionen führen, nach deren Erreichen man die Therapie guten Gewissens beenden kann.

Die Deutsche CLL-Studiengruppe (GCLLSG) zählt auf diesem Gebiet zu den weltweit führenden Konsortien und konnte bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in San Diego Resultate aus zwei bahnbrechenden Studien vorstellen, in denen es einmal um neu diagnostizierte Erkrankungen (Abstract 635) und im anderen Fall um Patienten im Rezidiv ging (Abstract 203).

Zur neu diagnostizierten CLL führt die GCLLSG seit einigen Jahren ihre CLL13-Studie (auch GAIA) durch, in der bei insgesamt 926 Patientinnen und Patienten ohne Deletion 17p beziehungsweise TP53-Mutationen randomisiert 4 verschiedene Therapieregimes miteinander verglichen werden: die Standard-Chemoimmuntherapien mit Fludarabin, Cyclophosphamid oder Bendamustin und dem CD20-Antikörper Rituximab (FCR/BR) sowie Kombinationen aus Rituximab und dem BCL2-Inhibitor Venetoclax (RVe), aus dem neueren CD20-Antikörper Obinutuzumab (GA101) und Venetoclax (GVe) beziehungsweis aus Obinutuzumab, dem BTK-Inhibitor Ibrutinib und Venetoclax (GIVe).

Alle experimentellen Therapien (RVe, GVe, GIVe) wurden über 12 vierwöchige Zyklen gegeben. Koprimäre Endpunkte sind der Anteil an Patienten mit einem durchflusszytometrisch bestimmten Verschwinden der minimalen Resterkrankung (MRD) im Vergleich zwischen Standardtherapie und dem GVe-Arm sowie das progressionsfreie Überleben im Vergleich von Standard und GIVe. Zu beiden Endpunkten gibt es sowohl für GVe als auch für GIVe bereits positive Daten (N Engl J Med 2023, DOI: 10.1056/NEJMoa2213093).

Moritz Fürstenau von der GCLLSG in Köln konnte beim Kongress in San Diego nun aktualisierte Ergebnisse vorstellen: Alle Patienten haben die Studienmedikation mittlerweile beendet. Beim progressionsfreien Überleben sind die beiden experimentellen Arme weiterhin überlegen: Der Medianwert ist hier für diesen Parameter noch nicht erreicht, bei der Chemoimmuntherapie liegt er bei 59,4 Monaten (Hazard Ratio {HR] gegenüber GVe 0,47; p < 0,001; HR gegenüber GIVe 0,30; p < 0,001). Beide Arme sind auch dem Rituximab-Venetoclax-Arm überlegen.

Zwischen GVe und GIVe ist der Unterschied insgesamt nicht signifikant (HR 0,63; p > 0,025), wohl aber in der Subgruppe von Patienten mit unmutiertem IGHV, die mit herkömmlichen Therapien eine schlechtere Prognose haben, zugunsten von GIVe (HR 0,58; 95-%-Konfidenzintervall 0,36–0,94). Die 4-Jahres-Rate für progressionsfreies Überleben in den vier Armen liegen bei 62,0 % (Chemoimmuntherapie), 70,1 % (RVe), 81,8 % (GVe) beziehungsweise 85,5 % (GIVe). In einer multivariaten Analyse zeigten sich unmutiertes IGHV sowie ein Lymphknoten-Bulk als unabhängige Risikofaktoren für ein kürzeres progressionsfreies Überleben in den gepoolten GVe- und GIVe-Armen.

Bezüglich der MRD-Bestimmung zeigte sich eine molekulargenetische Methode mittels Next Generation Sequencing (NGS) mit einer Sensitivität von < 10-6 (weniger als 1 maligne Zelle pro 1 Million Leukozyten) der konventionellen Durchflusszytometrie (< 10-4) überlegen: In allen Therapiearmen schnitten die Patienten mit einer per NGS nicht detektierbaren MRD bezüglich des progressionsfreien Überlebens besser ab als diejenigen mit Werten zwischen 10-4 und 10-6.

Im GIVe-Arm war der Anteil von Patienten mit sehr tiefer Remission, das heißt nicht nachweisbarer MRD unter der Schwelle von 10-6, etwas höher als im GVe-Arm (66,2 % versus 60,3 %). Die Therapieregimes mit Obinutuzumab sind also den anderen nach mehr als 4 Jahren Nachbeobachtung deutlich überlegen; Patienten mit unmutiertem IGHV scheinen von der Zugabe von Ibrutinib (GIVe versus GVe) zusätzlich zu profitieren.

Im Rezidiv: Dreierkombination hochwirksam

In einem weiteren Vortrag konnte Fürstenau Daten aus der Phase-2-Studie CLL2-BAAG der GCLLSG präsentieren, in der bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL eine Dreierkombination aus dem neueren BTK-Inhibitor Acalabrutinib plus Venetoclax und Obinutuzumab getestet wird (Lancet Haematol 2022, DOI: 10.1016/S2352-3026(22)00211-3). Nach 6 Therapiezyklen wurden die 3 Medikamente für bis zu 24 Monate weitergegeben, sofern nicht durchflusszytometrisch eine MRD-Freiheit auf einem Niveau von < 10-4 nachweisbar war.

Quelle:

https://www.aerzteblatt.de/

 

© 2016 Selbsthilfegruppe für Leukämie- und Lymphompatienten Halle (Saale) / Sachsen-Anhalt

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