San Diego – Wenn großzellige B-Zell-Lymphome (LBCL) nach der initialen Therapie rezidivieren oder dagegen refraktär sind, ist die Prognose nicht gut. Bei einigen Patienten kann sie inzwischen mithilfe von CAR-T-Zellen deutlich verbessert werden, aber das gilt bei Weitem nicht für alle. Bispezifische Antikörper sind eine neue Therapie, mit der sich weitere Erfolge erzielen lassen. Ergebnisse zu Glofitamab sowohl als Salvagetherapie als auch in der Erstlinie bei Hochrisiko-Patienten wurden in mehreren Vorträgen bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in San Diego präsentiert.
Großzellige B-Zell-Lymphome sind im Allgemeinen gut zu behandeln und in der Mehrzahl der Fälle bereits mit der ersten Therapielinie heilbar. Sehr viel schwieriger wird es in rezidivierten oder gar refraktären Fällen, aber hier haben in den letzten Jahren T-Lymphozyten mit chimärem Antigenrezeptor (CAR-T-Zellen) weitere Fortschritte gebracht.
Auch damit bleibt allerdings bei Weitem nicht jeder Patient langfristig krankheitsfrei, deshalb wurden kürzlich zwei bispezifische Antikörper, Glofitamab und Epcoritamab, in die Klinik eingeführt, die auch in weit fortgeschrittenen Fällen eindrucksvolle Ergebnisse geliefert haben.
Glofitamab ist ein bispezifischer Antikörper, der zwei Bindungsstellen für das CD20-Antigen auf B-Lymphozyten und eine für das CD3-Molekül auf zytotoxischen T-Zellen aufweist. Dadurch werden die T-Zellen mit den Zellen des B-Zell-Lymphoms in direkten Kontakt gebracht und können deren Zellmembran perforieren und sie dadurch lysieren. In der für die Zulassung relevanten Phase-II-Studie wurde der Antikörper bei 155 Patienten über zwölf dreiwöchige Zyklen gegeben (mit einschleichender Dosierung im ersten Zyklus) und dann abgesetzt.
Mit dieser zeitlich limitierten Gabe erzielten 52 % der Patientinnen und Patienten ein Ansprechen, dass in 40 % der Fälle komplett war; diese Komplettremissionen hielten im Median über 26,9 Monate an (N Engl J Med 2022, DOI: 10.1056/NEJMoa2206913).
Die 18-Monats-Raten für progressionsfreies und Gesamtüberleben lagen bei diesen Komplett-Respondern bei 66,6 % bzw. 80,7 %. Martin Hutchings von der Universität Kopenhagen präsentierte in San Diego zwei Subgruppenanalysen aus der Studie: eine zu dem Drittel der Patienten, unter deren Vortherapien sich bereits CAR-T-Zellen befunden hatten, sowie eine Auswertung in Abhängigkeit von der metabolischen Tumorlast zu Beginn der Therapie (Abstract 433).
Eine vorangegangene CAR-T-Zell-Therapie bei 52 der 155 Patienten hatte keinen Einfluss auf die Ergebnisse, so Hutchings: Die Rate an Komplettremissionen unterschied sich gegenüber dem Gesamtkollektiv mit 37 % versus 40 % ebenso wenig signifikant wie ihre Dauer mit median 22,0 versus 26,9 Monaten.
Das metabolische Gesamttumorvolumen bei Beginn der Studienteilnahme, bestimmt mithilfe der Positronenemissions-Tomographie (PET) und normiert auf die Leberwerte des jeweiligen Patienten, lag im Median bei 128,7 ml und wirkte erheblich sich sowohl auf die Verträglichkeit als auch auf die Wirksamkeit der Therapie aus: So stieg zum einen etwa das Risiko für ein Zytokin-Freisetzungssyndrom vom Grad ≥ 2 vom ersten bis zum vierten Quartil des metabolischen Tumorvolumens von 2,8 % über 11,1 % und 16,7 % auf 38,9 % in der höchsten Kategorie (p < 0,0001).
Und zum anderen hatten Patienten mit einem metabolischen Tumorvolumen oberhalb des Medianwerts nach zwei Jahren eine Chance von lediglich 11,8 %, progressionsfrei am Leben zu sein – gegenüber 41,6 % bei denjenigen mit Werten unterhalb des Medians.
Hutchings Fazit: Die meisten Patienten, die nach Ende der Therapie eine Komplettremission erzielt hatten, konnten diese bislang beibehalten, was hoffen lässt, dass sich mit dieser neuen Therapie langfristige Krankheitsfreiheit in vielen Fällen von rezidiviertem oder refraktärem LBCL erreichen lässt.
Das gilt auch für Patienten, bei denen eine CAR-T-Zell-Therapie bereits versagt hat. Die Tumorlast, gemessen als metabolisches Tumorvolumen bei Therapiebeginn, scheint prognostisch sowohl für die Dauer des progressionsfreien Überlebens als auch für das Nebenwirkungsrisiko zu sein.
Überlebensverlängerung nach CAR-T-Zell-Therapie
In einer kleinen französischen Phase-II-Studie, die Pierre Sesques von der Universität Lyon vorstellte, wurden 63 Patienten mit B-Zell-Lymphomen, die unter einer CAR-T-Zell-Therapie rezidiviert oder dagegen refraktären gewesen waren, mit Glofitamab behandelt (Abstract 893).
44 Patienten litten an einem diffus-großzelligen Lymphom (DLBCL), 19 an verschiedenen anderen B-Zell-Lymphomen. Primärer Endpunkt war das mediane Gesamtüberleben, für das eine Verdoppelung von angenommenen 6,3 Monaten unter herkömmlicher Therapie auf mindestens 12,6 Monate gefordert wurde.
Nach median 9,7 Monaten Nachbeobachtung betrug die Überlebensdauer in der Kohorte mit DLBCL 17,6 Monate, in der zweiten Kohorte war der Medianwert noch nicht erreicht. Ein per PET bestimmtes metabolisches Ansprechen erreichten in den beiden Kohorten 65,9 % bzw. 57,9 % der Patienten.
Darunter waren 36,4 % bzw. 52,6 % komplette metabolische Remissionen. Die Dauer dieser Komplettremissionen betrug bei den DLBCL-Patienten im Median 19,7 Monate, in der zweiten Kohorte ist der Medianwert noch nicht erreicht.
Glofitamab kann also im Kontext eines ersten Rezidivs oder einer Progression nach einer CAR-T-Zell-Therapie bei B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphomen die Überlebenszeiten offenbar weit mehr als verdoppeln und tiefe und lang andauernde Remissionen erzeugen – und das bei einem gut handhabbaren Sicherheitsprofil.
Glofitamab auch in der Erstlinie hochwirksam
Parallel wird Glofitamab als Zugabe zur Erstlinientherapie bei Hochrisiko-LBCL getestet, die im Allgemeinen schlechtere Chancen haben, mit den herkömmlichen Therapien geheilt zu werden. In einer Phase-II-Studie, die Lorenzo Falchi vom Memorial Sloan Kettering Cencer Center in New York in San Diego präsentierte, wurde bei Patienten mit neu diagnostizierten LBCL vor Beginn einer R-CHOP-Therapie zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) bestimmt (Abstract 858).
Denjenigen, bei denen die Werte nach dem ersten Zyklus um weniger als zwei Größenordnungen abgenommen hatten, wird ein höheres Mortalitätsrisiko attestiert (J Clin Oncol 2018, DOI: 10.1200/JCO.2018.78.5246).
Sie erhielten neben den restlichen sechs Zyklen R-CHOP ab Zyklus 3 Glofitamab in anfangs einschleichender Dosierung. Der Antikörper wurde für insgesamt acht Zyklen gegeben, und als primärer Endpunkt war ein komplettes Ansprechen nach Ende der Behandlung definiert.
Quelle: